(20. Mai 2022) Landau a.d.Isar – Summende Bienen, krabbelnde Insekten, blühende Pflanzen: Geht es nach den Vorstellungen des Amtes für Ländliche Entwicklung (ALE) Niederbayern, sollten ungenutzte Grünflächen – ob in privater oder öffentlicher Hand – im Idealfall so aussehen. Um die biologische Vielfalt zu erhalten beziehungsweise zu steigern, fördert die Behörde Projekte, die sich für Biodiversität stark machen. Darauf weist das ALE Niederbayern anlässlich der Themenwoche „Biodiversität, Bienen und Streuobst“ hin. Ein besonders gelungenes Beispiel ist das Netzwerk „Streuobst Bayerischer Vorwald“ der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE) nord23, im Zuge dessen seit dem Start des Projekts im Jahr 2011 bereits über 1300 neue Obstbäume gepflanzt worden sind. Doch auch in anderen Gemeinden und am Amt selbst tut sich einiges in Sachen Naturschutz.
Das Netzwerk „Streuobst Bayerischer Vorwald“ im nördlichen Landkreis Straubing-Bogen ist ein echtes Gemeinschaftsprojekt. Die Gemeinden, die sich zur „ILE nord23“ zusammengeschlossen haben, arbeiten zusammen mit den Naturschutzbehörden und dem ALE Niederbayern an einem gemeinsamen Ziel: Dem Erhalt und der Entwicklung der heimischen Obstkultur, der regionalen bodenständigen Kulinarik und dem Schutz von Natur und Biodiversität. Denn Streuobstwiesen sind wertvoller Bestandteil einer artenreichen Kulturlandschaft – und vor allem liefern sie gesundes, regionales Obst.
Obst ist seit jeher eine wichtige Grundlage für die Menschen im bayerischen Vorwald. Doch wie überall im Land sind auch hier seit den 1960er Jahren viele Obstbäume gerodet worden, nachdem der rein wirtschaftliche Wert der alten Bestände immer stärker zurückgegangen war. Von 20 Millionen Obstbäumen im Freistaat sind nur noch sechs Millionen Bäume übrig – und diese befinden sich oft in einem unwirtschaftlichen, überalterten Zustand. Dem will das Netzwerk „Streuobst Bayerischer Vorwald“ entgegenwirken und setzt sich dafür ein, die heimischen Streuobstbestände zu pflegen und deren Bedeutung wieder in das Bewusstsein der Menschen zu bringen. Es werden neue Obstbäume gepflanzt, vorhandene Bestände erhalten Pflegeschnitte.
Jedes Jahr im Herbst finden Obstsammlungen in verschiedenen Orten statt, stolze 300.000 Kilogramm Äpfel sind dabei bisher zusammengekommen. Eine regionale Kelterei unterstützt die Sammelaktionen, nimmt das Obst zu einem fairen Auszahlungspreis ab und verarbeitet somit große Mengen der Vorwald-Streuobstäpfel zu klarem und naturtrübem Apfelsaft. Um Wirtschaftskraft herzustellen, bieten die Projektträger und ihre Partner unter der Naturschutzmarke „Vorwald – ganz nah am Ursprung“ Produkte aus dem ungespritzten Obst der Streuobstwiesen an. So wurden bereits über 23.000 Liter Vorwald-Apfelsaft gepresst, außerdem gibt es Honig, Apfelschaumwein, Honigwein oder Obstler.
Die ILE nord23 hat mit ihrem Netzwerk „Streuobst Bayerischer Vorwald“ die Zeichen der Zeit schon früh erkannt und eine Vorreiterrolle eingenommen, wie der im Oktober 2021 unterzeichnete Streuobstpakt beweist: Mit insgesamt rund 600 Millionen Euro unterstützt die Bayerische Staatsregierung in den nächsten 15 Jahren über den Streuobstpakt die Anlage, Pflege und den Erhalt der bayerischen Streuobstbestände.
Auch die Öko-Modellregion Ilzer Land setzt mit ihrer Aktion „Blühendes Ilzer Land“ ein nachhaltiges Zeichen zum Erhalt und zur Steigerung der Artenvielfalt in der Region. Auf einer Fläche von rund einem Hektar – verteilt auf die sieben Ilzer-Land-Gemeinden Röhrnbach, Eppenschlag, Ringelai, Perlesreut, Hutthurm, Schöfweg und Grafenau – ist vor rund einem Jahr mehrjähriges Regio-Saatgut ausgebracht worden. Die Verantwortlichen haben sich bewusst für die Aussaat einer mehrjährigen und heimischen Gräser- und Kräutermischung entschieden. Im Gegensatz zu den oft verwendeten einjährigen Blühmischungen ist dieses Saatgut für den dauerhaften Flächenbewuchs vorgesehen und bietet heimischen Insektenarten langfristigen Lebensraum sowie eine zuverlässige Nahrungsquelle. Auf lange Sicht sollen sich die angesäten Flächen als Lebensraum und Nahrungsquelle für Insekten und kleine Tiere etablieren, die Biodiversität steigern und nicht zuletzt auch das Landschaftsbild optisch aufwerten.
Clever und gleichzeitig genial ist die Idee, die sich hinter dem Projekt „Eh da“ verbirgt, von dem die drei Integrierten Ländlichen Entwicklungen Hallertauer Mitte, AbeNS und Donau-Laber im Landkreis Kelheim profitieren. „Eh da“-Flächen sind zumeist unbeachtete Wegränder, Brachflächen, Verkehrsinseln oder Straßenböschungen – also eben „eh da“ im Sinne von „sowieso vorhanden“. Trotzdem können diese Bereiche ein ökologisch wertvolles Mosaik von Lebensräumen für Insekten werden. Ziel der Maßnahme ist daher, Flächen ohne erkennbare Nutzung zur Steigerung der Biodiversität aufzuwerten und ökologisch wertvolle Blühflächen zu schaffen. Das ALE Niederbayern unterstützt die Maßnahme für weitere zwei Jahre.
In allen Projekten, die das ALE Niederbayern begleitet, spielt der Naturschutz eine wichtige Rolle. Um mit gutem Beispiel voranzugehen, wurden neben dem Amtsgebäude eine Streuobstwiese angelegt sowie ein Insektenhotel und eine Wildbienen-Nisthilfe aufgestellt. „Wir wollen mit dieser Aktion zeigen, dass jeder – sei es privater Garten- oder Balkonbesitzer, aber auch öffentliche Einrichtungen und Behörden – einen Beitrag zur Steigerung der Biodiversität leisten kann“, betont Amtsleiter Hans-Peter Schmucker.